Ökologische Fragen beschäftigen die Autofahrer und verändern die Nachfrage auf dem deutschen Markt

Motor Presse Stuttgart veröffentlicht zum 10. Mal "Autofahren in Deutschland", die umfassendste Studie zum deutschen Automobilmarkt - Umweltdebatte und Preisexplosion bei den Treibstoffen verändern Absatz- und Nachfragestruktur - Die Antriebsart Diesel verliert bis zu sechs Prozentpunkte Marktanteile bei Privatkäufern - Kleinwagen steigern ihre Zulassungszahlen um 18 Prozent, Autos mit Gasantrieb legen zu.

Der Klimawandel und die dauerhaft geführte Umweltdebatte wirken sich immer stärker auf den Absatz und die Nachfragestruktur im deutschen Automobilmarkt aus. Bei vielen Autofahrern dämpft die politische Unsicherheit um die Neubemessung der Kfz-Steuer auf Basis des CO2-Ausstoßes die Kauflaune erheblich. Andere Autokäufer steigen gleich auf spritsparende und CO2-arme Kleinwagen um. Dieser Befund lässt sich aus den Daten und Fakten der Studie "Autofahren in Deutschland 2008" herauslesen, die in diesem Jahr in 10. Auflage von der Motor Presse Stuttgart herausgegeben wird. Sie analysiert auf 324 Seiten umfassend Deutschlands wichtigste Wirtschaftsbranche mit vielen harten Daten und Fakten zum Pkw-Bestand, zum Neu- und Gebrauchtwagenmarkt, zu Trends und Strukturen in Automobilindustrie und Handel und bietet ein umfangreiches Kapitel zur Meinungsbildung und Mediennutzung automobiler Zielgruppen.

Die aktuelle Umweltdiskussion bringt nun auch den Diesel in Bedrängnis: Die Vorzeigetechnologie deutscher Autobauer und Zulieferer verliert nach Jahren des Booms erstmals Marktanteile. Der Anteil von Dieselfahrzeugen an den Neuzulassungen fiel im Zeitraum von Januar bis Juli 2008 von 47,7 Prozent (2007) auf 44,6 Prozent. Noch deutlicher wird die Verunsicherung bei den privaten Neuwagenkäufern: Hier brach der Marktanteil der Selbstzünder um sechs Prozentpunkte ein. Die Gründe: Das Debakel um wirkungslose Nachrüst-Partikelfilter und die Ankündigung neuer, teurer Abgasentgiftungssysteme schrecken viele Kunden ab. Die Preisexplosion, die den Preis für Dieselkraftstoff zeitweilig auf das Niveau von Superbenzin katapultierte, bringt zudem ein gewichtiges Kaufargument ins Wanken. Viele Diesel-Fahrer bangen deshalb um den Wiederverkaufswert ihrer Fahrzeuge.

Dafür verzeichneten sparsame Kleinstwagen wie Smart, Fiat 500 oder Renault Twingo ein Zulassungsplus von 18 Prozent im ersten Halbjahr 2008. Wegen der besseren Umweltverträglichkeit und des günstigeren Preises für Treibstoff erleben Fahrzeuge mit Gasantrieb einen Nachfrageschub: Die Verkaufszahlen stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 45 Prozent, wenn auch auf einem niedrigen absoluten Niveau. Die Autoindustrie sucht so auch fieberhaft nach alternativen Antriebsarten und Spritspartechnologien: 18 Milliarden Euro investierten die deutschen Hersteller und Zulieferer 2007 in Forschung und Entwicklung, sieben Prozent mehr als 2006.

Die automobile Leidenschaft ist trotz aller CO2-Diskussion und steigenden Spritpreisen nahezu ungebrochen: Mehr als 33 Millionen Bundesbürger gehören zu den Auto-Interessierten, 25 Millionen Deutschen bereitet das Autofahren nach wie vor großen Spaß. Elf Millionen Deutsche zählen zu den automobilen Enthusiasten. Überwiegend positiv fallen dementsprechend die Assoziationen der Pkw-Fahrer zum Auto aus: 54 Prozent verbinden damit Bewegung und Unabhängigkeit, für 50 Prozent ist es nach wie vor der Inbegriff von Freiheit und Ungebundenheit, für ein Drittel ist es die pure Individualität.

Der europäische Automarkt Nummer 1 ist derzeit äußerst fragil und durch eine hartnäckige Absatzschwäche gekennzeichnet. Trotz des mit acht Jahren hohen Durchschnittsalters der bundesdeutschen Fahrzeugflotte legten die Neuzulassungen von Januar bis Juli 2008 nur um drei Prozent zu. Im August allerdings brachen die Absatzzahlen um über zehn Prozent ein. Somit liegt die Zahl der Neuzulassungen in den ersten acht Monaten 2008 gerade einmal zwei Prozent über dem sehr niedrigen Niveau des Vorjahreszeitraumes. Volkswagen führt auf dem deutschen Automarkt die Zulassungsstatistik an, jeder fünfte Neuwagen trägt das VW-Logo. Der Erfolg die Wolfsburger hat auch mit deren effizienten Investitionen in die Werbung zu tun: VW gab im ersten Halbjahr 2008 zwar von allen Herstellern am meisten Geld für Werbung aus, der Aufwand von 312 Euro pro Neuzulassung liegt im Branchenvergleich sehr günstig. Zum Vergleich: Saab wendete 2.240 Werbeeuro pro Neuzulassung auf.

Ein kleiner Lichtblick für die Industrie: Das margenstärkere Privatkundengeschäft zog mit zwölf Prozent an. Insgesamt entfielen von Januar bis Juli 2008 über 44 Prozent (2007: 41%) der Neuzulassungen auf natürliche Personen. Dabei dreht sich die Kostenspirale für die Autofahrer weiter: Die Belastungen rund ums Autofahren stiegen im laufenden Jahr stärker an als die allgemeinen Lebenshaltungskosten. Treiber dieser Entwicklung waren vor allem die explodierenden Kraftstoffpreise, die im Juni 2008 um 15 Prozent höher ausfielen als zwölf Monate zuvor.

Um den Absatz anzukurbeln, gewähren Hersteller und Händler durchschnittlich 16 Prozent Rabatt und schnüren verschiedenste Vermarktungspakete, die individuelle Finanzierungs-, Ausstattungs-, Garantie- und Servicebausteine miteinander kombinieren. Den Handel trifft die Kaufzurückhaltung der deutschen Verbraucher schwer: Der Umsatz sank um ein Prozent auf etwa 130 Milliarden Euro. Die Konzentration im Autohandel geht deshalb weiter. 2007 gab es in Deutschland erstmals weniger als 40.000 Kfz-Betriebe (39.750). Zum Vergleich: 1997 waren es noch 48.750 Firmen.

Trotz der Probleme auf dem Heimatmarkt verzeichnen deutsche Hersteller und Zulieferer 2007 mit 290 Milliarden Euro einen neuen Umsatzrekord. Verantwortlich dafür war in erster Linie ein nach wie vor florierender Export, der um elf Prozent zunahm. Insgesamt exportierten deutsche Autobauer 2007 4,3 Millionen Pkw. Das Exportgeschäft liegt 2008 bisher auf dem Niveau des Vorjahres. Insgesamt wurden im laufenden Jahr bis August 2,85 Millionen Pkw ausgeführt. Nach einer Prognose des Verbands der Automobilindustrie soll mit 4,3 Millionen ausgeführten Pkw das Ergebnis von 2007 wieder erreicht werden.

"Noch effizientere Verbrennungsmotoren, neue Antriebstechnologien, explodierende Energie- und Rohstoffkosten, strukturelle Veränderungen im Handel und Servicegeschäft sowie ein weiter steigender Druck auf Marken und Renditen wird in den kommenden Jahren für erhebliche Umwälzungen in der Autobranche sorgen", so Markus Eiberger, Leiter Research & Services bei der Motor Presse Stuttgart, zu den Herausforderungen der Branche. "Doch so paradox es klingen mag: Dieser ökologische und ökonomische Druck wird zugleich Antriebsmotor für eine außerordentlich innovative Branche sein. Und um den Verbrauchern diese Innovationsschübe transparent zu machen, bedarf es mehr denn je der klassischen Orientierungshilfe durch qualifizierte Automedien."

Montag, 6. Oktober 2008
Quelle: ots